Montag, 15. August 2011

Im Vakuum


Mit seinen 80 000 Einwohnern ist Marburg eine Kleinstadt.
Eine kleine Studentenstadt, die kaum Platz für all die Studenten hat, die hierher kommen, beflügelt oder gedrängt vom Wunsch, Akademiker zu werden; eine Stadt, die jedes Jahr aufs Neue mit diesem Problem zu kämpfen hat und die sich im nächsten Wintersemester erneut mit einer Flut von Studierenden zu kämpfen hat, die zum ersten Mal mit acht Jahren und ohne anschließenden Wehrdienst die Schule verlassen. 
Auf Parkplätzen wird da geschlafen, in Autos wird übernachtet, auf den großen oder auch kleinen Korridoren bereits ausgebuchter Studentenwohnheime, so genannten Notunterkünften. 
So eng sich die Oberstadt an den Schlossberg drängt, so eng und schmal erscheint uns die Stadt zu Zeiten, in denen Wogen von Studenten die Straßen, Busse und Institute überfluten. 

Nicht so in den Semesterferien. 

In den Semesterferien, in den großen Semesterferien des Sommersemesters, die sich beinahe über drei Monate erstrecken, wirkt die Stadt wie leer gefegt, wie verlassen, ein Vakuum des Körpers - und des Geistes. 

Semesterferien: überall. 
Mit einem Male kriegt man einen Platz in Cafés und Parkplätzen, die Schlangen in örtlichen Supermärkten sind gar nicht mehr so lang, und man begegnet Menschen, die man hier zuvor nie gesehen hat. Für Marburger Verhältnisse beinahe unvorstellbar.
Irgendwie scheint es, als habe man nicht nur deutlich mehr Zeit, sondern auch deutlich mehr Raum, um die Dinge zu tun, die man im Semester und während der Prüfungszeit doch ach so gerne tun wollte.

Dabei sollte man sich nichts vormachen: die Leere in der Stadt ist gleich der Leere im Kopf und zu großen geistigen Taten ist man zu dieser Zeit nicht fähig. 

Tage verstreichen und Nächte kommen, in denen nichts geschieht. Die Menschen, sie sind ausgeflogen, mit ihnen ging der Wille, irgendetwas zu tun, und auch der Sommer.
Denn was tun im Sommer, wenn dieser selbst verschwand?

Das Wetter ist in diesen Tagen (k)ein Thema, mit dem man sich Freunde macht, und dennoch muss man dem Deutschen zu Gute halten, dass er sich weitaus weniger über die Wolken und den Regen und die hochsommerliche Kälte auslässt als er könnte oder als man es ihm so gerne nachsagt. 

Ein Vakuum also, das sogar unseren doch so bekannten Meckerinstinkt lahm legt und uns dahin  vegetieren lässt. Semesterferien, noch zwei Monate. 
Und obgleich elende Langeweile bei Zeiten unser Gemüt vernebelt, ist schon jetzt zu erahnen, wie schwer es sein wird, Mitte Oktober zurück in die Realität zu finden. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen