Montag, 11. April 2011

Der gute Wille zählt

Ein neues Semester beginnt; doch noch bevor es überhaupt zum Besuch von Seminaren kommen kann, steht da eine nicht zu unterschätzende Hürde im Weg: der Stundenplan.
Der Stundenplan, aha, könnte man sich nun denken. Was daran so schwer sei, ein paar Fächer aufzureihen. Aber nein, ganz ernsthaft, es ist die Königsdisziplin. 

Das Erstellen des Stundenplanes ist schwieriger, als man es sich vorstellen mag; ein Indikator dafür, dass das Abitur tatsächlich doch von Nöten ist, hat man es sich in den Kopf gesetzt, ein Studium an einer deutschen Hochschule zu beginnen; Pfeile, Verweise, Fristen, Bedingungen und Einschränkungen, Basismodule, Exportmodule, Aufbaukurse, Einführungen, Übungen und vieles mehr lassen mich am Ende ganz verwirrt da sitzen. 
Nach Kant zählt allein schon der gute Wille zu einer Tat, aber damit komme ich im 21. Jahrhundert auch nicht weiter. 
Ich will doch nur studieren. 

Fast muss ich lachen, denn wenn ich wollte, könnte ich noch bis zu drei neuen Nebenfächern wählen; zur Wahl stehen beinahe zwanzig Exportmodule, was die Sache nicht einfacher macht. 
Vollkommen frei sind wir; und erleben aufs Neue die Qual der Wahl. Nicht nur, dass sich die unterschiedlichsten Seminarthemen im Vorlesungsverzeichnis räkeln und locken, nein, auch noch das Nebenfach kann zum Sommersemester ausgetaucht werden.

Das Vorlesungsverzeichnis: ein Ort der unbegrenzten* Möglichkeiten












Für einen kurzen Moment streift mich der kühne Gedanke, erneut auf die Philosophie zu spekulieren, doch ich habe gelernt und lasse sein. Stattdessen verbringe ich beinahe eine ganze Woche damit, mir Kurzbeschreibungen durchzulesen und mich schließlich erneut in die Friedens- und Konfliktforschung zu flüchten.

Als ich an diesem Morgen das Haus verlasse, begegnen mir fröhlich schwatzende Studenten, die sich allesamt auf den Lahnwiesen und –terrassen rund um die Mensa niederlassen. Sorglos sitzen sie da, denn die Problematik der Frage, ob sie das Seminar zu den "Buddhistischen Traditionen in Asien" oder doch eher "Schimpfen. Zur Alltagskultur des Unmuts" besuchen sollen, ist ihnen vollkommen fremd. Ein wenig missmutig stapfe ich daher und betrachte, wie sie sich sonnen und den Wind durch ihr Haar pfeifen lassen.

Es ist wieder richtig was los in Marburg, und beinahe stören mich all die Menschen. Jetzt wird es wieder eng im Oberstadtaufzug oder an den Kassen der Supermärkte. Dabei fühle ich mich wie der Ersti, der hilflos in eine Welt hineingeworfen wird, deren unsichtbar gesponnene Fäden er nicht sehen kann, und sich schließlich hoffnungslos darin verheddert.  
Doch auch das ist nur eine Etappe; zwei Stunden später steht er, der Stundenplan fürs Sommersemester, und ich kann gar nicht sagen, wie froh ich bin.

* und bei Zeiten auch der unverständlichen Möglichkeiten

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