Dienstag, 12. Juli 2011

Sommer || Winter

Das studentische Jahr besteht aus drei Etappen: dem Sommer-, dem Wintersemester und den Ferien. Da letztere einigen kurz bevorstehen, wollen wir unser Auge heute noch einmal auf die vergangenen drei Monate, das Sommersemester nämlich, richten.  

Der unschlagbare Vorteil des Sommersemesters liegt schon im Namen: laut Kalender wird es wärmer. Der geringere und doch bedrängende Nachteil eben dieses Semesters liegt in der Tatsache, dass es nur knapp drei Monate umspannt. Der Gedanke, man müsse daher nicht all so viel lernen wie im vorigen Semester und das Wetter sei auch noch toll, führt an der Wahrheit vorbei, denn einzig die Zeit wird hier gestaucht, - das zu erlernende Wissen nicht.
Und so finden wir uns in einem sommerlichen Marathon wider, der von Vorträgen, Prüfungen und nächtlichen Lernetappen, wie auch von einigen nicht wenigen lauen Stunden geprägt ist. Man erfährt Dimension der Zeit in völlig neuer Eigenart, und malt sich recht romantisch aus, was mit all der Zeit im grauen Wintersemester getan werden kann, wenn man sie nur richtig nutzte.

Sicherlich wird der Student – und zwar gerade derjenige, der diese Zeitspanne zum ersten Mal erfährt - im Sommersemester auf eine harte Probe gestellt: denn mit dem ersten Sonnenstrahl eines wärmenden Apriltages, versteht man schon recht schnell, dass Einiges nun anders laufen wird: Mit einem Male kann man freie Minuten oder auch Stunden grillend an der Lahn verbringen, aus heiterem Himmel verspürt man das Verlangen, etwa an den Afföllerwiesen baden zu gehen oder auch einfach „nur“ einen Eiskaffee in der Oberstadt zu schlürfen.
Gelobt seien die Kurse ohne Anwesenheitspflicht, gelobt sei der Fachbereich 03.

Ein derartiger Ausspruch lässt tief blicken.
Und bevor es zu persönlich wird, soll gesagt sein, dass wir doch Studenten sind.

Studenten, die eben auch mal über das herrliche Wetter zetern, gerade dann, wenn das beschauliche Marburg sich zu einer Käseglocke wandelt und wir alle unter dieser Käseglocke mitwandeln, und zwar in der Phil-Fak oder im Hörsaalgebäude. Wir werden gebraten und sind kaum zum Bilden ganzer Sätze fähig.
Nach einem Jahr in Zentralamerika liegt der Gedanke nahe, man habe an klimatischen Zuständen bereits einiges erlebt, aber wer konnte ahnen, dass das kleine Marburg in seinem Lahntal auch in dieser Rubrik einen ganzen Kontinent auszustechen vermag.

Nun kommen die Ferien, und sie vergehen schnell: Tage, gefüllt mit Nichtstun, werden an uns vorbeistreichen und auf August folgt September und mit ihm der Herbst, der in Marburg von ganz besonderer Schönheit und doch nur von kurzer Dauer ist. Anfang Oktober öffnet die Uni ihre Tore erneut, und während die Tage kürzer und die Nächte länger werden, schleicht sich unbemerkt der Winter ein. Kein Grillen mehr, kein Baden mehr, einzig das Kaffeetrinken bleibt uns.

Wer einmal das Sommersemester erlebt hat, wird die Dauer des Wintersemesters als unzumutbar à la ewig-und-drei-Tage empfinden. Das Gute am dunklen und langen Semester: wir kriegen Geschenke, denn wir feiern Weihnachten. Das vermeintlich Schlechte: die Wahrscheinlichkeit, dass wieder so viel – und so lange – Schnee liegt, dass sich der Weg vom Erlenring zur Unibibliothek auf eine satte halbe Stunde ausdehnt, den man mit vorsichtigen Trippelschritten zurück legt.
Es ist ein leidiger Job, an dieser Stelle Freude für das anstehende Wintersemester aufkommen zu lassen, doch auch das Wintersemester 2011 / 2012 wird einiges für uns bereit halten, und wenn es nur die neue Mensatüte ist.
Zudem wurden gewisse Fragen noch immer nicht beantwortet, wie etwa ob die Bauarbeiten im und ums Hörsaalgebäude ein Ende finden werden, so dass man vielleicht im Wintersemester Referate und Vorträge halten kann, ohne das bohrende Geräusch einer elektrischen Zahnbürste direkt neben dem Ohr zu vernehmen. Wem gehört die wohl klingende Stimme, die jeden Tag die Hallen der Mensa durchbraust und nach dem Mensaservice fragt? Und: Was macht man eigentlich mit Ethnologie? Eine Frage, die sich durch mein gesamtes Studium ziehen wird, und die selten eine konkrete Beantwortung findet.
Man lernt nie aus. 

Sonntag, 10. Juli 2011

Drei Tage Marburg - warum nicht mehr?


Marburg im Sommer ist etwas ganz besonders Schönes. 
Es ist schöner als Marburg im Winter, es sei denn man befindet sich in der außerordentlichen Situation, dass man (1) die Wohnung für etwa vier Monate nicht verlassen muss, (2) über einen unbezahlten Essenslieferanten und (3) eine intakte Standheizung verfügt.
Traut man sich doch vor die Tür und in die schneebedeckte Dunkelheit des Tages hinaus, dann kann das Bummeln über weihnachtliche Märkte und der teils exzessive Verzehr von gebackenen Früchten oder dampfenden Kartoffeln schnell zur Hauptbeschäftigung einer ganzen Jahreszeit werden.

Im Sommer hingegen kann der gemeine Marburger nicht anders als die Wohnung zu verlassen; er muss den heimischen vier Wänden entfliehen.
Viel zu viel wird ihm geboten. 
Denn es ist Hauptsaison; Busse von Touristen schwappen an den Schlossberg wie Wellen an die Steilküste, alte und junge Herrschaften durchforsten die Oberstadt mit dokumentarischem Equipment, essen Eis im Steinweg, halten ihre Kameras auf die Architektur der Fachwerkhäuser und meinen: Student müsste man sein. 

Spaß im Getümmel: Mitternachtssnack am Schloss
Im Sommer gibt es in Marburg einen Hafen und ein ganzes Fest dazu, eine Flussbühne treibt verträumt auf der Lahn und am Erlenring wachsen fahrbare Käsefachgeschäfte über Nacht aus dem Boden. Stereotyp gekleidete Menschen mit Baskenmütze und Schnurrbart lassen mitten in Hessen französisches Flair aufkommen und verkaufen St.Nectaire, Comté und Tomme de Savoie.

Die Feierlichkeiten des vergangenen Wochenendes markierten möglicherweise den sommerlichen Höhepunkt im Marburger Aktivitätenkalender: 3 Tage Marburg hieß die Party, die größtenteils auf dem Schlossberg bzw. im Schlosspark tagte; in angenehmer Atmosphäre ließ man sich in einer Woge von Menschen an Schmuck-, Kleidungs- und Essensständen vorbeitreiben, während sich die Musik flötenspielender Gaukler mit den Klängen von Coverbands mischte.

Man hatte sich Gedanken gemacht an diesem Wochenende: Autos gab es zu gewinnen, Kinder wurden geschminkt, eine Hommage an die Blues Brothers gab es am Marktplatz zu bestaunen und ein Feuerwerk erstrahlte Philipps Schloss am Freitagabend.
Ganz selbstverständlich schoben sich die Massen der Studenten, Bewohner und Besucher kurz nach Mitternacht am Sonntagmorgen durch die Gassen und der sonst eher verwunschene Weg zum Sitz des Landgrafen glichen einem Ameisenhaufen.
Doch wer den Weg hinauf wagte, der wurde auch belohnt. 
Sogar das Wetter spielte mit und eine Woche vor Vorlesungsende badete der ein oder andere in der Vorfreude der anstehenden Ferien, während manch anderem selbst die dämpfende Wärme von Ohropax nichts brachte. An diesen Tagen – und Nächten – ist man froh, nicht in der Oberstadt zu wohnen. 

Mit viel Liebe wurde Drei Tage Marburg gestaltet und mag wohl gerade deshalb zu einer der schönsten Veranstaltungen im Marburger Sommer zählen. Nur eines störte an diesem wunderbar bunten Reigen von Ständen und Konzerten und Feuerwerken: der Name. 
Plakatierter Baum: Oft verwechselt
Tatsächlich klingt es für den Touristen ganz anders als für den in Marburg Wohnenden: denn ein Tourist mag durchaus drei Tage in Marburg verbringen, wir aber sind hier das ganze Jahr … Man mag es pingelig und übertrieben nennen, aber ich würde diesen Punkt an dieser Stelle gar nicht anbringen, wäre er mir nicht schon beim Marburger Hafenfest bitter aufgestoßen. 
Was ist da los? 
Denke ich an Rhein in Flammen oder an das Klavierfestival Ruhr, dann habe ich gleich eine gewisse Ahnung, was von Statten geht. Ganz bestimmt ist es auch geschickt, nicht gleich alles im Titel zu verraten, doch Drei Tage Marburg lassen mich zunächst ratlos. 
Sicherlich, eine Umbenennung ist müßig, denn sowohl das Marburger Hafenfest, als auch Drei Tage Marburg bringen nun schon eine gewisse alljährliche Häufigkeit mit sich, sodass eine Neubezeichnung dem Bekanntheitsgrad der Veranstaltung eher schadete als ihm zu dienen. Und doch: ein ähnlich simpler und doch vielleicht aussagekräftiger Titel hätte hier gepunktet; zumal es eher zweieinhalb Tage waren. 

Aber ich will mich auch nicht in Haarspaltereien verlieren, denn schön war Drei Tage Marburg allemal. So schön sogar, dass wir gerne mehr davon hätten.



Dienstag, 5. Juli 2011

CampusTV: Zwischen Kamera und Studium

Das Studium ist schon längst kein Lebensabschnitt mehr, den man allein mit drögem Büffeln oder einsamen Nächten in der Universitätsbibliothek füllt. Die zahlreichen Möglichkeiten der Eigengestaltung eines studentischen Lebens reichen vom Auslandsjahr bis hin zum Unisport, von Konzerten des Studentischen Orchesters bis hin zu groß angelegten Demonstrationen und selbst organisierten Lesungen und Vorträgen. Das Angebot ist so groß, dass viele zunächst gar nicht wissen, was sie nun eigentlich tun sollen bzw. was von ihnen erwartet wird, und die Verwirrung ist oft so anhaltend, dass erst einmal nichts getan wird, bis man sich einen gewissen Überblick verschafft hat.
Nun, die Idee des Überblicks ist gerade an der Uni Marburg so eine Sache; denn gerade dann, wenn man glaubt, man habe nun alle Aktivitäten ausgemacht, kommt ein neues Projekt daher, das ebenso aufregend und verlockend klingt, und der Überblick ist dahin und das Chaos wieder da. So mag es dem ein oder anderen gehen, der in diesen Tagen zum ersten Mal vom Uni-Fernsehen hört.
Uni-Fernsehen?
Ja, Uni-Fernsehen. Mit Namen Campus-TV.
Nicht wenige nämlich – mich selbst eingenommen – wussten bis vor kurzem noch nicht einmal, dass es so etwas überhaupt gibt. Grund genug, der Sache auf den Zahn zu fühlen, und zu erfahren, wer und was sich hinter diesem Projekt verstecken.

Ich treffe Markus Voigt und Dominique Bosle, die neue Doppelspitze bei Campus-TV, an einem Mittwochnachmittag in der Phil-Fak. Im Januar 2011 erst haben sie die Führung des studentischen Projekts übernommen. „Es war mehr der Rettungsgedanke als das Wissen, wie es wirklich geht“, sagt Bosle, der im sechsten Semester Jura studiert. „Auf einmal saßen da fünfzehn Menschen, die wir bespaßen mussten“, ergänzt Voigt, seines Zeichens Studierender des Studienganges Kunst, Musik und Medien.
Die Übernahme, wie z.B. der rechtliche Zugriff auf die eigene Website, die Organisation und  der Aufbau eines eigenständigen Teams, verursachten so manche Startschwierigkeiten und verlangten den beiden einen gewissen Ideenreichtum ab.
Doch nach knapp fünf Monaten, einem eigeninitiierten Kamera- und Filmseminar und vielen Stunden der Einführung und Übung, haben die zwei Chefredakteure eine Mannschaft um sich, auf die sie sich verlassen können.

Zehn bis fünfzehn Leute sitzen nun jeden Mittwoch in den Redaktionssitzungen, diskutieren, äußern Ideen und Vorschläge für mögliche Beiträge und tragen zur Realisierung einer Sendung bei. Die meisten von ihnen studieren Kunst, Musik und Medien, aber auch einige Philosophie-, Anthropologie- und Jurastudenten sind dabei. Noch immer kann man dem Team beitreten; damit der nächste Führungswechseln leichter wird, und man nicht noch einmal bei null anfangen muss.
Es ist diese Mischung, von der die monatliche Sendung profitiert: eine halbe Stunde dauert sie und steht auf www.campustv-marburg.de auf Abruf.

Die Kameras, mit denen sie ihre Beiträge filmen, stellt ihnen das HRZ – das Hochschulrechenzentrum – zur Verfügung. Geschnitten werden die selbstgedrehten Kurzfilme ebenfalls an Uni-Computern, dennoch bestehen Bosle und Voigt auf ihrer Eigenständigkeit: „Wir sind kein direktes Projekt der Uni, gehören nicht offiziell dazu. Wir erhalten keine besondere Finanzierung und sind somit auf die Kameras des HRZ angewiesen."
Das CTV-Team kurz vor dem  Hessentagsmarathon
Den Großteil der Zeit frisst die Restproduktion eines Beitrages. Es dauert, bis ein Bericht tatsächlich die Form gefunden hat, die man selbst vor Augen hatte.

Dabei können sie mittlerweile ein buntes Repertoire von Berichten und Sendungen vorweisen, zu denen sowohl Spaßbeiträge, Sonderberichte, Umfragen als auch Interviews mit Oscarpreisträgern (im Zuge des Marburger Kamerapreises) gehören.
Auf diese Art hat das Team um Bosle und Voigt recht erfolgreich auf sich aufmerksam gemacht, denn beim diesjährigen Hessentag vom 10.-19. Juni 2011 in Oberursel kommt den Marburger Studenten eine besondere Rolle zu: „Wir dokumentieren die Veranstaltung im Auftrag des Hessentagsradio und sind jeden Tag live vor Ort.“ Interviews mit Badesalz, Nächte im Pfadfinderheim und zehn Tage Berichterstattung stehen ihnen bevor, dennoch wirken sie bei der anschließenden Redaktionssitzung in einem der Phil-Fak-Türme alles andere als angespannt.
In langsam wachsender Runde wird der Hessentag genauestens geplant: Ein Ü-Wagen des Marburger Radios Unerhört steht den Studenten in Oberursel zur Verfügung, Listen gehen herum, Beiträge und Ideen werden geplant und letzte Nachfragen gestellt. Zwei Redaktionssitzungen werden sie pro Tag abhalten, die Produktion von Kurzfilmen, Berichten und Interviews läuft ebenfalls dort vom Band. 
Stressig wird es sicherlich, - aber das Ergebnis kann sich sehen lassen. 

Samstag, 2. Juli 2011

Die Phil-Fak. Von Innen und Außen.

Der Mensch ist komisch: als vielleicht einziges Wesen unter dieser Sonne verfügt er über die Fähigkeit, schöne Dinge von (vermutet) ästhetischem Wert zu erschaffen, die auch noch Nutzen zur eigenen Verwendung bringen.*

Und dann steht in Marburg, dieser puppenhäusigen Bilderbuchstadt - mit einem Schloss und einer aus Fachwerk sich türmenden Oberstadt, - ein in sich verflochtenes Konstrukt, das mit scheinbar vergilbter Farbe der gegenüberliegenden Idylle vom Ortenberg aus trotzt. 

Was ist da los? 

Hingekleckert: Die Phil-Fak
Die Philosophische Fakultät hinter der Stadtautobahn mit ihren Türmen und der nahe liegenden Universitätsbibliothek versprüht schon von außen einen gewissen morbiden Charme, dem manch einer schwer erliegt. Wer glaubt, eine Steigerung von architektonischen Missverständnissen sei nicht möglich, der war wohl noch nie im Innern der geisteswissenschaftlichen Festung.
Umso verwunderlicher erscheint es daher, dass dieser einer Vielen fremden Auffassung von Schönheit nach empfundene Bau, bereits so sehr begeisterte, dass die Marburger Phil-Fak sogar schon Preise einheimste, Architektur-Preise. 

Die hier angedeuteten Preise seien damit genug in Frage gestellt worden, und die  Baumaßnahmen zu bedauern, die zur Entstehung der Phil-Fak führten, liegt nicht in den Aufgaben meiner Generation. Lehrjahre sind keine Herrenjahre, und der Mensch nimmt, was er kriegen kann. Als Student darf man keine hohen Erwartungen haben, und letztlich ist es auch egal, in welchem Raum man sitzt, solange der Kopf raucht.  

Doch an dieser Stelle könnte man sich fragen, weshalb gerade die Philosophische Fakultät so abgenutzt aussieht; in naturwissenschaftlichen Instituten ist das Hantieren mit Säuren, Basen und Giften ein alltägliches Procedere, das ganz selbstverständlich mit der Zeit seine Spuren in Laboren hinterlässt. 
Da läuft es schon mal von den Wänden, und das ist auch nicht weiter schlimm.  

Schöner ? Philipps Schloss im Sonnenuntergang
Aber an einem Ort, an dem einzig der Geist schaltet und waltet, da, wo das Wirken der Synapsen sich nicht abzeichnet, sondern einzig als bloßer Verdacht in der Luft liegt, da, wo sich zahlreiche Menschen versammeln, die alle diesen leisen Verdacht teilen, - wieso klemmen gerade dort Türen und Fenster, wieso müffeln gerade dort die Sitzkissen und wieso ist gerade dort die Luft so stickig, wenn doch das ganze Haus aus Glas und Fenstern besteht? 

Wieso hinterlässt der homo sapiens sapiens gerade am Ort der doch so stillschweigend geschehenden sapientia die deutlichsten Spuren seiner Existenz?

Sind wir tatsächlich so sehr in Gedanken, dass wir das Um-uns gänzlich vergessen? Oder haben wir Angst, in all unserer Geisteswissenschaft andernfalls nicht wahrgenommen zu werden? 
Denn tatsächlich sieht das einst gerühmte Gebäude von außen so aus, als hätte ein zu groß geratenes Kind ein wenig zu lange zufällig herumliegende Duplobausteine mit Säure bekleckert, und schließlich keine Lust mehr gehabt, damit zu spielen; liegen blieb die Phil-Fak. 

Über einen gewissen - zugegeben leicht versteckten - Charme verfügt sie ja; denn wer bewanderte ihre abgelaufenen Korridore und stillen Treppenhäuser nicht anfangs mit einer leisen Faszination und dem still keimenden Wissen, dass hier Großes geschieht? 
Der A-Turm: Potentielles Weltkulturerbe ?
Noch immer findet man sich leicht verwundert über die ehrliche Hässlichkeit und den gleichzeitigen Zeitgeist, der aus diesem Gebäude spricht.  
Und doch ist das Schloss schöner. 
Zugegeben, wer kann sich schon mit dem Schloss messen? 

Die Phil-Fak sicher nicht; und doch ist die Aussicht - von allen Türmen der philosophischen Feste - mindestens genau so gut wie der Ausblick vom Schloss, da man über einen Ausblick auf das Schloss verfügt. 
Aber das war es dann auch schon. 
Wie man es drehen und wenden will, man verfängt sich in merkwürdigen Aussagen. Gerüchte, die Phil-Fak werde abgerissen, kursieren bereits seit einiger Zeit. Der Mensch ist drastisch in seinen Maßnahmen. 
Was ihm nicht gefällt, muss weg. 

Die Phil-Fak muss nicht weg; sicherlich ist sie kein Augenschmaus, aber was erwarten wir von dem Ort, an dem wir studieren? Und woher wissen wir jetzt, was wir in zukünftiger Zeit als schön empfinden werden? Wer weiß, vielleicht schafft es die Phil-Fak noch einmal in die Liste des Unesco-Weltkulturerbes, wenn wir sie stehen lassen. Vielleicht aber auch nicht. Was bringt es, etwas Neues zu erbauen, das in vielleicht dreißig Jahren von einem Blogger als "unschön" tituliert und im Zuge von Erneuerungsmaßnahmen abgerissen wird. Wer weiß, - vielleicht schafft es die Phil-Fak noch einmal in die Liste des Unesco-Weltkulturerbes, wenn sie nur lange genug steht. Vielleicht schafft sie es aber auch dann nicht. 
Sie ist sicherlich kein Marburger Wahrzeichen, und doch ein - möglicherweise erzwungener - Pilgerort für viele. Sie ist ein Geheimtipp - welcher Art auch immer. 
Aber bleiben kann sie ruhig, wenn jemand nur die Fenster repariert.  


* Ich bin kein Biologe und möchte mich mit dieser Aussage auch nicht zu sehr zu weit aus dem Fenster lehnen. Sollte ich Unrecht haben, so sei mir vergeben. Doch ist der Mensch doch eindeutig in der Lage, Dinge von Wert und Nutzen zu schaffen, und auch noch gleichzeitig über ihre Schönheit entscheiden zu können.